To the Foucault list,
although it is in german I want to inform you about the publication of a
journal about >Historical Epistemology and Discourse Analysis<. At the end
of this mail you find the english abstracts and a short (and hopefully
acceptable) translation of the editorial.
Best greetings,
Alessandro Barberi
NEUES HEFT DER OESTERREICHISCHEN ZEITSCHRIFT FUER
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN (òZG)
Homepage:
http://www.univie.ac.at/Wirtschaftsgeschichte/OeZG/
HISTORISCHE EPISTEMOLOGIE & DISKURSANALYSE
Herausgegeben von
Alessandro Barberi
Inhalt
Editorial
Wolfgang Neurath: Regierungsmentalitaet und Policey.
Technologien der Glueckseligkeit im Zeitalter der Vernunft
Harald Katzmair: Ordnungen des Zaehlens. Zur
quantitativen Konstruktion des Sozialen (1550-1870)
Hermann Rauchenschwandtner: Zur Konstitution politischer Subjekte im 19.
Jahrhundert
Forum
Alessandro Barberi: Weil das Sein eine Geschichte
hat. Interview mit Friedrich A. Kittler.
Eric Hoerl: Analphabetische
Menschenfassungen.
Der Diskurs der
Religionsgeschichte und seine epistemische Funktion um 1900
Georg Koe: Die Paradoxien des
Kulturbegriffes. Von der
Geschichtswissenschaft und ihrer Historisierbarkeit
Editorial
Es liegt nicht nur an den vermeintlichen und dennoch oft dogmatisch
verteidigten institutionellen Grenzen der wissenschaftlichen Disziplinen,
dass
Methoden, Begriffe, Fragestellungen und Argumente, welche andernorts ihre
intellektuelle Stringenz und Plausibilitaet bereits theoretisch und
praktisch
unter Beweis stellen konnten, in sachverwandten Forschungsgebieten nicht
oder
nur mit grossen Verzoegerungen aufgenommen werden. Denn es liegt auch daran,
dass Verwirrung und Irrtum konstitutive Elemente jedes wissenschaftlichen
Erkennens sind. Diesen Umstand hat Gaston Bachelard mittels einer
psychoanalytischen Deskription der wissenschaftlichen Objektivierungen und
anhand zahlreicher naturwissenschaftlicher Beispiele mit dem Begriff des
epistemologischen Hindernisses[1] beschrieben und dabei mehrfach betont,
dass
neue Wissensformen sich nicht im kontinuierlichen Fortschreiten
intersubjektiver Erkenntnisueberpruefung im Kreis einer homogenen
wissenschaftlichen Gemeinschaft ergeben und etablieren, sondern sich immer
gegen einen bereits vorhandenen, tradierten und institutionalisierten
wissenschaftlichen Diskurs konstituieren, der nicht auf die kommunikative
Aktivitaet von Individuen oder Kollektiven reduziert werden kann. Als ein
methodisches Verfahren der Rationalitaet, des Wissens und des Begriffs steht
Bachelards Historische Epistemologie nicht zuletzt daher in direktem
Gegensatz
zu einer auf Erfahrung, Sinn und Subjekt ruhenden Argumentation, welche in
der
Art einer Geschichts- oder Transzendentalphilosophie die spezifische
Streuung
und Historizitaet der Wissensformen und -systeme totalisiert und
homogenisiert.
Deshalb bleibt daran zu erinnern, dass - wie Georges Canguilhem mehrfach
nahegelegt hat - die Vergangenheit einer Wissenschaft nicht dieselbe
Wissenschaft in ihrer Vergangenheit darstellt.[2]
Es ist bemerkenswert, dass Methode und Ergebnisse der Historischen
Epistemologie, die - wie ihr Name ja zeigt - der Geschichte eine
herausragende Rolle zuordnet, ihrerseits in den historischen Wissenschaften
bis dato nur im Umkreis der Wissenschaftsgeschichte diskutiert wurden,
wenngleich ihre Anwendbarkeit im Hinblick auf andere Fachbereiche kaum
bestritten werden kann. Ist doch etwa der Begriff der historischen
Moeglichkeitsbedingung, wie er nicht zuletzt von den Vertretern der Annales
nachdruecklich propagiert wurde, gerade im Umkreis der Historischen
Epistemologie definiert worden und verbindet so noch die aktuelle
Historiographie zutiefst mit jenen Fragen, welche die Ueberkreuzung von
Erkenntniskritik und Geschichte gerade dann betreffen, wenn anhand von
moeglichst genau definierten Materialsammlungen ("Quellen") ein historisches
Objekt der Analyse konstruiert wird und werden muss. Denn im Gegensatz zu
der
mehr als gelaeufigen Annahme, wissenschaftliche - mithin auch historische -
Objekte seien natuerlich oder empirisch vorgegeben, zeigen gerade die
Geschichte(n) von Physik, Chemie und Mathematik in den Arbeiten Bachelards
oder jene von Naturgeschichte, Biologie und Genetik in jenen Canguilhems,
dass
die Gegenstaende einer Analyse nicht in einer praediskursiven Ordnung der
natuerlichen Dinge stehen, welche mittels einer Abbildtheorie erfahren
werden
koennte. Vielmehr sind es die spezifischen Strukturen der Kategorien,
Begriffe
oder Deduktionen, welche zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte -
und
daher in einem begrenzbaren Zeitraum - die moeglichen Erfahrungen und mithin
auch die moeglichen Objektkonstitutionen unterschiedlicher
wissenschaftlicher
Disziplinen codieren, wodurch letztere auch aktualiter in einem relationalen
Verhaeltnis zueinander stehen. Dass dies gerade wegen der spezifischen
Labilitaet des historischen Wissens in besonderem Masse auf die
Geschichtswissenschaft zutrifft, ergibt sich nicht zuletzt durch die Analyse
der Geschichte(n) von Psychologie, Soziologie und Anthropologie[3], welche
ja
bekanntermassen Grund- und Begruendungsdisziplinen der "modernen"
Geschichtswissenschaft darstellen: Fusionsbegriffe wie
Mentalitaetsgeschichte,
Historische Sozialwissenschaft oder Historische Anthropologie fuehren diesen
Umstand eindringlich vor Augen.
Die genannten Konstellationen legen einer jeweiligen Disziplin bestimmte
Formationsregeln auf, die aktualiter eine grosse Zahl an Aussagen
ermoeglichen, in einer definierten Textauswahl einer vergangenen
Wissenschaft
aber methodisch begrenzt werden koennen. Und so wird dem virtuellen
Archiv[4]
der aktuellen Geschichtswissenschaft in diesem Band indirekt nachgegangen,
wenn die Archive des Policey-, Staats- und Verwaltungswissens (Neurath), die
Archive von Soziologie und Quantifizierung (Katzmair), die Archive der
Volkswirtschaft (Rauchenschwandtner) oder die Archive der Theologie (Hoerl)
anvisiert werden. Nicht nur zwischen den Zeilen blitzt der historische
Diskurs
im Rahmen dieser historischen Analysen in Relation zu politischer
Autoritaet,
soziotechnischer Involvierung, dogmatischer Begruendung und missionarischer
Funktion auf. Wolfgang Neurath legt dahingehend in Rekurs auf Michel de
Certeau nahe, dass der Historiker eine Fiktionalisierung der Politik
unternimmt, indem er die Stelle der Autoritaet nur nachspielen kann und so
seinerseits zum Konstrukteur eben dieser Macht wird, die er nicht hat.
Harald
Katzmair hebt anhand der Soziologie des 19. Jahrhunderts die spezifische
Funktion von Geschichte im Hinblick auf politische und moralische
Involvierungen der Quantifizierung hinsichtlich der Unterscheidung zwischen
dem Normalen und dem Pathologischen hervor. Hermann Rauchenschwandtner
verweist darauf, dass Geschichte als behauptete Gemeinsamkeit eines Volkes
am
Beginn des 19. Jahrhunderts eine Moeglichkeitsbedingung der oekonomischen
Konstitutionen politischer Subjekte abgibt. Eric Hoerl markiert die Funktion
der Religionsgeschichte rund um 1900, welche im permanenten Umgehen der
Ordnung des Alphabets mit der diskursiven Produktion einer primitiven
Mentalitaet verbunden ist.
Diese Historisierungen von Technologie, Soziologie, Oekonomie und Theologie
folgen dabei in ihren Beschreibungen mit unterschiedlicher Intensitaet jenen
Wegen, welche Forscher wie Michel Foucault[5] oder Jean Pierre Faye[6] mit
dem
Plan zur Erstellung einer allgemeinen Theorie und Analytik von
Aussageformationen, Sprachoekonomien und Performanzregeln einschlugen. Unter
dem Titel Diskursanalyse gehoert eine derartige Vorgehensweise in den
Debatten
zur Geschichte von Philosophie und Literatur heute zum methodischen
Standardrepertoire moeglicher Verfahren. Im Rahmen der
Geschichtswissenschaft
wurde diese Methode und ihr Forschungsbereich indes nur unzureichend
diskutiert und oftmals durch den negativen und polemischen Verweis auf den
Postmodernismus oder auf den - ungenau bestimmten - "linguistic turn"
abqualifiziert. Dass indes gerade diese am Strukturalismus geschulte Form
der
Diskursanalyse - darin der Historischen Epistemologie folgend -
nachdruecklichst als eine historische Methode und Deskriptionsform
ausformuliert und bestaendig an historischen Fragestellungen und Materialien
ueberprueft wurde, ging dabei schlicht unter. Dem versucht dieser Band
beruhigt
entgegenzutreten, indem anhand konkreter Bereiche der historischen Forschung
gezeigt wird, dass die Methode der Diskursanalyse in mehrfachem Wortsinn als
historisierendes Verfahren zu begreifen ist, das man als eine Kritische
Geschichte der Rationalitaets- und Wissenssysteme bezeichnen kann. Eine
allgemeine erkenntniskritische Geschichte, die der kommenden Historiographie
die Ueberwindung der Gegensaetze von "Wort und Sache, von Geist und Leben,
von
Bewusstsein und Sein, von Sprache und Welt"[7] auferlegt.
Die symbolischen Formen der diskursiven Oekonomien durch- und zerschneiden
dabei transversal die genannten Oppositionen, um auch noch im methodischen
Gegensatz von Begriffsgeschichte (Wort, Geist, Bewusstsein, Sprache) und
Sozialgeschichte (Sache, Leben, Sein, Welt) ein unkritisches Pendeln
zwischen
Idealismus und Materialismus zu vermerken, das - trotz der oft wiederholten
Ablehnung der Koenigsdisziplin Philosophie im Rahmen
geschichtswissenschaftlicher Debatten - von der metaphysischen
Spiegelfechterei mancher Philosophenphilosophien (Bachelard) kaum zu
unterscheiden ist. Dass die Begriffsgeschichte innerhalb dieser Debatten
gegenueber der Sozialgeschichte oft als subsidiaer begriffen wurde, waere im
Rahmen einer eingehenden historischen Analyse zu beschreiben.
Im Gegensatz dazu zeigen die hier versammelten Artikel gerade durch die
moeglichst praezise und textnahe Erfassung ihrer Materialien, wie diskursive
Strategien - die nicht nur begrifflich sind - zu bestimmten Zeitpunkten in
der
Geschichte klassifikatorische Ordnungen durchziehen und so durch
terminologische Differenzierungen das "Soziale" herstellen und produzieren.
So
differenzieren die polizeylichen Technologien der Glueckseligkeit
liederliche
soziale Charaktere und schaffen eine symbolische Topologie und Skalierung in
der vom Sabbatschaender ueber den Muessiggaenger bis hin zu den
Melancholikern eine
in sich unterschiedene Bevoelkerung im 18. Jahrhundert allererst auftauchen
kann. (Neurath) In den Apodemiken des 16. Jahrhunderts - die einer gaenzlich
anderen Wissensordnung folgen - sind es neben den zu notierenden
Professionen
auch Fragen zu Erd-, Landes- und Ortsbeschreibung, zum Gemeinwesen, zur
Religion und zur Geschichte, welche den Erfahrungsraum der Reisenden
abstecken
und so auf dem Weg in die Fremde das Andere konstituieren. (Katzmair) Aber
auch im 19. Jahrhundert werden unterschiedlichste Redeweisen nur den
fragwuerdigen Versuch starten koennen, dem "Volk" eine Homogenitaet zu
verleihen.
Als Raetsel des - nicht nur - politischen Wissens entzieht sich das "Volk"
sowohl den idealistischen als auch den materialistischen Zugriffen
unterschiedlichster Diskurse und wird nur in der Distanz zu seiner An-
respektive Abwesenheit problematisierbar. (Rauchenschwandtner)
Daher und darueberhinaus ist auch auf den zutiefst antihistoristischen
Aspekt
und Effekt der hier vorliegenden Artikel zu verweisen, deren Schriftzuege
vom
Modus der Aktualitaet getragen werden, der ihnen ihre spezifische Rekkurenz
verleiht: Die "Regierung" im Zeitalter der Vernunft zu untersuchen, steht in
direktem Verhaeltnis zur Fetischisierung technologischer Leistungsfaehigkeit
im
gegenwaertigen "Kulturaustausch". (Neurath) Den Soziotechniken von
Quantifizierung und Soziologie im Rahmen der Neuzeit nachzugehen schaerft
den
Blick fuer fragwuerdige Soziologien der Gegenwart, welche die Frage nach
ihren
epistemologischen und historischen Moeglichkeitsbedingungen nicht
thematisieren
und damit umgehen. (Katzmair) Nach den Konstitutionen des "Volkes" zu
fragen,
steht dabei je schon in der Spannung von Praesentation und Repraesentation
eines
kollektiven Handlungssubjekts und verweist somit mehrfach auf aktuelle
Konstellationen des Politischen. (Rauchenschwandtner)
Historisch-epistemologisch und diskursanalytisch zu verfahren, verbindet
mithin historische Analyse mit einem gegenwaertigen Ausgangs- und Endpunkt.
Es
entreisst die genannten "Objekte" jeder ontologischen oder historistischen
Begruendungsfunktion, indem sie als wissenschaftliche - d.h. nicht
natuerliche -
Gegenstaende in zeitraeumlichen Verschiebungen und Transformationen
auftauchen,
die anhand von positiven - wenngleich konstruierten - Textserien erlaeutert
werden koennen. Damit werden homogene Rationalitaetsansprueche und jedwede
Ontologie aktualiter historisiert und erkenntniskritisch der
Alltagserfahrung
entrissen. Das Motiv einer Geschichte der Ontologie und der Seinsansprueche
durchzieht auch das Interview mit Friedrich A. Kittler, das die Rolle
diskursanalytischer Methode in verschiedenen Bereichen der
Wissenschaftsgeschichte und insbesondere in jenem der Mediengeschichte
thematisiert und dabei fuer die noch ausstehenden, wenngleich vielfaeltigen
Anwendungsmoeglichkeiten dieses Verfahrens im Rahmen der
Geschichtswissenschaft
steht.
Wenn mithin die Artikel dieses Bandes an verschiedenen Stellen nahelegen,
dass
die jeweils diskutierten Wissensformen gerade dann, wenn ihre
epistemologische
Fragwuerdigkeit aufweisbar wird, den Charakter praktischer oder
soziotechnischer Interventionen haben, so kann damit auch darauf verwiesen
werden, inwiefern Diskussion und Anerkennung der hier vorgeschlagenen
Methoden
im Umkreis der Involvierung der Historiker in den Nationalsozialismus aber
auch in den rezenten Diskussionen zu den Ereignissen rund um 1968 eine
neuartige Perspektive eroeffnen koennten, in der die Kritik nicht - wie
geschehen - erneut auf jene kategorialen Systeme und politisch-moralischen
Argumente zurueckgreifen muesste, die ja gerade in Frage stehen. (Koe) Dies
wuerde
allerdings voraussetzen, dass nach ueber dreissig Jahren
sozialgeschichtlicher
Diskurspoduktion, die sich nur allzugern entlang der Grund-, Gruendungs- und
Begruendungsbegriffe "Produktion", "Materialitaet", "soziale Wirklichkeit"
und
"Oralitaet" mit Gesellschafts- und Ideologiekritik verband, eine historische
Erkenntniskritik eben dieser historischen Grundbegriffe angegangen wird, die
in den fortgeschrittensten Bereichen der Geschichtswissenschaft eine
epistemologische und diskursanalytische Neuorientierung ausloesen koennte,
die
aller Voraussicht nach um einiges historischer und um einiges kritischer
waere,
als die traditionellen Methoden, Begriffe und Ideologiekritiken der
Sozialgeschichte. Denn diese Gegenstandsbereiche, welche auch im Umkreis des
Historic Turn[8] angepeilt werden, wuerden die Geschichte(n) des "Sozialen"
umfassen, und koennten auch durch das Historisieren von Sozialgeschichte,
Soziologie und Quantifizierung im Umkreis historischer Institute die eigenen
Objektkonstruktionen samt den konstitutiven Kategoriensystemen in ihrer
Geschichte in den Blick bringen, um danach die reflektierte Konstruktion von
Objekten allererst zu ermoeglichen. Dies koennte auch einen
transdisziplinaeren
Austauschrahmen etablieren, der den historischen Wissenschaften im
Allgemeinen
zu Gute kaeme. Dass die historiographische und intellektuelle Moeglichkeit
einer
solchen Transformation der Geschichtswissenschaft gegenwaertig bereits
besteht,
davon zeugt auch der faecheruebergreifende Charakter aller Beitraege dieses
Bandes.
Alessandro Barberi, Wien
----------------------------------------------------------------------------
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[1] Vgl. Gaston Bachelard, Die Bildung des wissenschaftlichen Geistes.
Beitrag zu einer Psychoanalyse der Erkenntnis, Frankfurt am Main 1987.
[2] Vgl. Georges Canguilhem, Wissenschaftsgeschichte und Epistemologie.
Gesammelte Aufsaetze, Frankfurt am Main 1979. Zur weiteren
Auseinandersetzung
mit den hier vorgestellten Methoden vgl. Joseph Vogl, Einleitung, in: ders.,
Hg., Poetologien des Wissens um 1800, Muenchen 1999, 7-16, und: Alessandro
Barberi, Clio verwunde(r)t. Hayden White, Carlo Ginzburg und das
Sprachproblem
in der Geschichte, Wien 2000, 42-69.
[3] Vgl. Michel Foucault, Die Ordnung der Dinge, Frankfurt am Main 1994
[4] Vgl. Jacques Derrida, Dem Archiv verschrieben, Berlin 1997.
[5] Vgl. Michel Foucault, Archaeologie des Wissens, Frankfurt am Main 1990,
und: ders., Die Ordnung des Diskurses, Frankfurt am Main 1991.
[6] Vgl. Jean Pierre Faye, Totalitaere Sprachen. Kritik der narrativen
Vernunft. Kritik der narrativen Oekonomie, Zwei Baende, Frankfurt am Main,
Berlin u. Wien 1977.
[7] Reinhard Koselleck, Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte, in: ders.,
Hg., Historische Semantik und Begriffsgeschichte, Stuttgart 1978, 19-36,
hier:
19.
[8] Vgl. Terrence J. McDonald, Hg., The Historic Turn in the Human Sciences,
Michigan 1996.
Abstracts
Wolfgang Neurath, Governmentality and Police. Technologies of
Commonwealth in the Age of Reason.
The models of political analysis can be divided into two registers: On the
one
hand we find the search for the political conditions and the possibility of
a
general order in society (social synthesis); on the other hand there are
questions such as, how is it possible to govern a population?
(gouvernementalitÊ). This article introduces the policy and politics of "the
police" (German: Policey) in the age of reason and hence treats the
discursive
forms of government in the 18th century.
This art of governing consists in the sum of all processes that should
result in the improvement in the state of "society" as a whole. These
processes concern themselves with a reasonable distribution of "social"
places and a considered organization of "social" forces. These technologies
emerge in the 17th century and find their benefit and legitimacy in the
commonwealth of the community and the well-being of every person.
This theory of commonwealth (eudaimonia) is, so to speak, the specific form
of
rationality and the internal reason of all sciences that concern the Policey
in the age of enlightenment. Each governing person must employ the
knowledge,
procedures and techniques of the Policey in a very characteristic way. To
develop their abilities to the highest degree, the "people and things"
governed must be constituted and described in their specific qualities.
The works of Johann Beckmann (1739-1811) pose the question of the
organization of craft and trade (German: Handwerkskunst. English: The Art of
Craft and Trade) and constitute a Tableau of Technologies, which takes its
place in the framework of all sciences that are related to the state and the
government. This Tableau appears significantly as a History of Art (German:
Kunstgeschichte). Thus the article emphasizes how the discourse of
governmentality ties together the Tableau of Technology and the industrial
education of people.
Harald Katzmair, Orders of Counting. The Quantiative Construction of Society
(1550-1870)
As a contribution to the History of Social Sciences, this paper examines
epistemological and logical discourses, concepts, methods and statements of
quantitative accounting, measurement and construction of social units
between
1550 and 1870. Referring to Ernst Cassirers Philosophy of Symbolic Forms and
Michel Foucault's The Order of Things the discursive strategies of
continental
travel questionnaires (Apodemiken) will be outlined in the methodological
framework of Historical Epistemology as a concrete Historical Analysis of
Science Disciplines beginning in Renaissance Europe. It will be shown that
in
the late 16th century the relational logic of similarity was the genuine and
dominant discourse of making "things" and social units constructable,
measurable and accountable.
The second part of the paper analyzes the epistemological system of
political arithmetic (Politische Arithmetik). The historical differences,
shifts and transformations between this "Social Science" - appearing first
in
17th century England (classical episteme) - and the Tabula Peregrinationes -
appearing on the continent in the 16th century (renaissance episteme) - will
be shown. The main argument is that the classical logic of making
equivalence
classes leads to the very concept of social classes and subjects and
therefore
to the historical origin of modern quantitative sociology.
In the third part of the article the model of statistical deviation -
centered in the interpretation of Gauss' bell-shaped curve by Quetelet - and
its epistemological consequences for the social sciences in the 19th century
are pointed out.
Hermann Rauchenschwandtner, The Constitution of Political Subjects in the
19th
Century
"The people" (Volk) and its constitutions actually seem more than
questionable: on the one hand nothing is more dubious than the historical
conditions and possibilities of this political subject, which pretends its
being in so many places; on the other hand "the people" is invented,
constructed, fictionalized, homogenized, imagined and moreover, a supposed
substance of "the people" is implored or rejected by attributions. Thus it
is
this object -"the people" and its creation (production) - which requires an
exposition. This article deals with the political subject of "the people" in
the specific forms and structures of its appearance and analyzes its
historical and epistemological genealogy in the 19th century.
Conceptions of natural law tried to show that "the people" is still in the
state of nature (SieyËs). But they also evoked "the people" as a population
and hence as a technological and administrative object. Following this the
transformations of those discourses that aim at a possible unity of "the
people" have to be introduced. For the main question is: Which part of "the
people" presents itself and which part is represented? Thus the constitution
and structure of political subjects will be stressed in relation to creation
(production) and representation, by examining the most important discursive
strategies in the archive of the 19th century.
Editorial in english
It is not only a problem of the supposed and dogmatically defended
institutional borders of scientific disciplines, that methods, terminologies
and research strategies, which showed their compelling nature and
intellectual plausibility in other scientific regions, are neglected by
related fields of research. It is also a resultant of the fact, that
confusion and fallacy are constitutive elements of any and every scientific
knowledge. Regarding the history of natural sciences and using a
psychoanalytic description of scientific objectivation, Gaston Bachelard
described this circumstance as an >epistemological obstacle<. He pointed
out, that new forms of knowledge are not the result of continuity and
progress in an intersubjective control of a scientific community. They are
always established and constituted against an institutionalised tradition
of discourses, which cannot be reduced to the communicative activity of
individuals or collectives. As a methodological procedure of rationality,
knowledge and concept, Bachelards Historical Epistemology is the direct
opposite of a historical argumentation, which relies on experience, meaning
and subjectivity. An argumentation like this produces an imaginary totality
and homogeneity of the specific dispersion and historicity of the multiple
systems and forms of knowledge in history. Therefore one should remember ^Ö
like Georges Canguilhem mentioned often ^Ö that the past of an actual
scientific discipline is not the same scientific discipline in its actual
past.
Regarding the historical disciplines, it is remarkable, that the method and
the results of Historical Epistemology, which ^Ö as the name shows^×emphasise
the fundamental role of history, had only been discussed in the field of the
history of sciences, although one cannot deny its applicability in other
fields of research. If we look at the formula > historical condition of
possibility<, which had been used by the school of the Annales, but had been
defined by Bachelards and Canguilhems Historical Epistemology, one can see,
why actual historiography is directly connected to the crossing of history
and the critique of knowledge. Especially if one remembers, that a
historical object is and has to be constructed in relation to a marked set
of texts, the so-called ^Ósources^Ô. In opposite to the common supposition,
that scientific ^Ö and that also means historical ^Ö objects are naturally or
empirically given, the histories of physics, chemistry and mathematics in
the work of Bachelard, or the histories of natural history, biology or
genetics in the work of Canguilhem show, that one cannot find the object of
an analysis in an prediscursive and representative order of things. It is
rather the specific structure of categories, concepts and deductions at a
marked point of time, which constitutes the specific experience of objects
in the history of different disciplines. If one analyses the histories of
psychology, sociology and anthropology in that way, terms and methods like
>history of mentality<, >Social History< or >historical anthropology<, as
they are used by historians - appear in another perspective, which gives a
touch of uncertainty to history as a >science<.
The abovementioned constellations are related to the circumstance, that
scientific disciplines are ruled by discursive or performative rules, which
actually cannot be formalized. But if one defines a set of texts in a
science of the past as an >archive< it is possible to explain the rules and
relations of scientific disciplines. Therefore the articles of the journal I
am presenting today are related to this term of the archive. Wolfgang
Neurath analysed the archive of governmentality, technology and police in
the Age of Reason. Harald Katzmair worked in the archive of sociology and
mathematics from the 16th to the 19th century. Hermann Rauchenschwandtner
sketched the archive of political economy in the 19th century and Eric Hoerl
showed the archive of theology around 1900. But all this articles ^Ö and
that is a very important point ^Ö include the analysis of historical
discourse as a part of that, what has to be described. This >historical
analysis of historical discourse< shows ^Ö in the opposite to traditional
historiography ^Ö that historiography is always connected to political
authority, pragmatic involvement, dogmatic foundation and missionary
function. Referring to Michel de Certeau, Wolfgang Neurath shows, that the
historian fictionalises politics, because he can only simulate the position
of power, which he will never reach himself. Harald Katzmair shows that some
forms of >quantitative social history< produced the distinction of >normal<
and >pathological<. Hermann Rauchenschwandtner describes, that their would
be no political subject ^Ö like the people or a nation ^Ö without the uprising
of history at the beginning of the 19th century and Eric Hoerl points out,
that the history of religion had been involved in the production of a
>mentality of the primitive<.
To historicize technology, sociology, economy and theology in that way, is
directly connected to analytic perspectives first designed by researchers
like Roland Barthes, Jean Pierre Faye and Michel Foucault. They worked out
the plan, to build up a general theory of the formations and rules of
statements and the economy of language. A method like this ^Ö called
Discourse Analysis ^Ö is a very well known theoretical and practical part in
the history of philosophy and literature. In history itself Discourse
Analysis had been discussed only insufficiently and had been disqualified by
the stigmata of so-called >Postmodernism< and so-called >linguistic turn<.
All this debates did not reflect and recognize, that this form of Discourse
Analysis, which is directly connected to the abovementioned form of
Historical Epistemology, always had been conceptualised as a historical
method and had been proved in relation to historical materials. The journal
I am presenting today, tries to overcome this aporias, by emphasizing, that
Discourse Analysis is a strategy of permanent historicizing, which could be
called a >Critical History of the Systems of Rationality and the Structures
of Knowledge<. An epistemological History which could overcome the
oppositions of >words and things<, of >spirit and life<, of >consciousness
and being<, of >language and world<. The symbolic forms of discursive
economies go through this oppositions and open a new way beyond the history
of ideas and social history.
Therefore the articles of the journal try to show, how discursive strategies
cross the orders of classification at specific points in time and how they
produce >society<, or any other homogenized subject. Wolfgang Neurath shows,
how the technologies of commonwealth in the Age of Reason produce a symbolic
topology and scale, which constitutes for example the >class< of
melancholics and than the >population< in general. Harald Katzmair shows in
his article, that the travel questionnaires of 16th century produce the
>Other< by the specific structure of the questions and their analogical
ranging. Hermann Rauchenschwandtner emphasizes that >the people< in 19th
century are not some kind of empirical entity, which gives history its
foundation. >The people< mark a problem and a riddle of different kinds of
knowledge, and hence are produced by them.
The articles are also characterized by a deep antihistoricism, because they
are written in the mode of actuality, which gives them their recurrent
style, which also means, that they are written, to be rewritten. Hence the
analysis of governmentality in the Age of Reason is connected to the present
problems of exchange between >developed< and >developing< countries.
Analysing the orders of counting for example in 18th century, shows the
dubiousness of actual sociologies, which are not interested in their own
conditions of possibilities. Questioning the constitutions of the >people<
in 19th century is directly connected with the presentation and
representation of actual political subjects.
To work with Historical Epistemology and Discourse Analysis connects
historical research with an actual starting- and endingpoint. It snatches
the abovementioned objects from everydays experience and from any
ontological or historistic foundation and analyses them as scientific ^Ö and
that means not natural ^Ö objects in their historical transformations. Hence
unified rationality and dogmatic ontology are historicized, as Friedrich A.
Kittler emphasizes in an interview, that you find in the journal. Among
other points, he explains the role of Discourse Analysis in relation to the
history of sciences and the history of media
All this aspects, which are also discussed in debates about >The historic
turn<, could lead to a general perspective of history, which overcomes those
forms of historiography, which find their epistemologically unreflected
foundations in concepts like >production<, >materiality<, >social reality<
or >orality<, as we find in most social histories. Contrary to this, the
journal shows the possibility of a historical and epistemological critique
of this foundationalist concepts, which could open the way to a reflexive
transformation of history. That means, that Historical Epistemology and
Discourse Analysis could sharpen the awareness of the constitutive systems
of categories in history and the related constructions of scientific
objects. In its transdisciplinary character, this journal represents the
historiographical and intellectual possibility of this transformation
although it is in german I want to inform you about the publication of a
journal about >Historical Epistemology and Discourse Analysis<. At the end
of this mail you find the english abstracts and a short (and hopefully
acceptable) translation of the editorial.
Best greetings,
Alessandro Barberi
NEUES HEFT DER OESTERREICHISCHEN ZEITSCHRIFT FUER
GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN (òZG)
Homepage:
http://www.univie.ac.at/Wirtschaftsgeschichte/OeZG/
HISTORISCHE EPISTEMOLOGIE & DISKURSANALYSE
Herausgegeben von
Alessandro Barberi
Inhalt
Editorial
Wolfgang Neurath: Regierungsmentalitaet und Policey.
Technologien der Glueckseligkeit im Zeitalter der Vernunft
Harald Katzmair: Ordnungen des Zaehlens. Zur
quantitativen Konstruktion des Sozialen (1550-1870)
Hermann Rauchenschwandtner: Zur Konstitution politischer Subjekte im 19.
Jahrhundert
Forum
Alessandro Barberi: Weil das Sein eine Geschichte
hat. Interview mit Friedrich A. Kittler.
Eric Hoerl: Analphabetische
Menschenfassungen.
Der Diskurs der
Religionsgeschichte und seine epistemische Funktion um 1900
Georg Koe: Die Paradoxien des
Kulturbegriffes. Von der
Geschichtswissenschaft und ihrer Historisierbarkeit
Editorial
Es liegt nicht nur an den vermeintlichen und dennoch oft dogmatisch
verteidigten institutionellen Grenzen der wissenschaftlichen Disziplinen,
dass
Methoden, Begriffe, Fragestellungen und Argumente, welche andernorts ihre
intellektuelle Stringenz und Plausibilitaet bereits theoretisch und
praktisch
unter Beweis stellen konnten, in sachverwandten Forschungsgebieten nicht
oder
nur mit grossen Verzoegerungen aufgenommen werden. Denn es liegt auch daran,
dass Verwirrung und Irrtum konstitutive Elemente jedes wissenschaftlichen
Erkennens sind. Diesen Umstand hat Gaston Bachelard mittels einer
psychoanalytischen Deskription der wissenschaftlichen Objektivierungen und
anhand zahlreicher naturwissenschaftlicher Beispiele mit dem Begriff des
epistemologischen Hindernisses[1] beschrieben und dabei mehrfach betont,
dass
neue Wissensformen sich nicht im kontinuierlichen Fortschreiten
intersubjektiver Erkenntnisueberpruefung im Kreis einer homogenen
wissenschaftlichen Gemeinschaft ergeben und etablieren, sondern sich immer
gegen einen bereits vorhandenen, tradierten und institutionalisierten
wissenschaftlichen Diskurs konstituieren, der nicht auf die kommunikative
Aktivitaet von Individuen oder Kollektiven reduziert werden kann. Als ein
methodisches Verfahren der Rationalitaet, des Wissens und des Begriffs steht
Bachelards Historische Epistemologie nicht zuletzt daher in direktem
Gegensatz
zu einer auf Erfahrung, Sinn und Subjekt ruhenden Argumentation, welche in
der
Art einer Geschichts- oder Transzendentalphilosophie die spezifische
Streuung
und Historizitaet der Wissensformen und -systeme totalisiert und
homogenisiert.
Deshalb bleibt daran zu erinnern, dass - wie Georges Canguilhem mehrfach
nahegelegt hat - die Vergangenheit einer Wissenschaft nicht dieselbe
Wissenschaft in ihrer Vergangenheit darstellt.[2]
Es ist bemerkenswert, dass Methode und Ergebnisse der Historischen
Epistemologie, die - wie ihr Name ja zeigt - der Geschichte eine
herausragende Rolle zuordnet, ihrerseits in den historischen Wissenschaften
bis dato nur im Umkreis der Wissenschaftsgeschichte diskutiert wurden,
wenngleich ihre Anwendbarkeit im Hinblick auf andere Fachbereiche kaum
bestritten werden kann. Ist doch etwa der Begriff der historischen
Moeglichkeitsbedingung, wie er nicht zuletzt von den Vertretern der Annales
nachdruecklich propagiert wurde, gerade im Umkreis der Historischen
Epistemologie definiert worden und verbindet so noch die aktuelle
Historiographie zutiefst mit jenen Fragen, welche die Ueberkreuzung von
Erkenntniskritik und Geschichte gerade dann betreffen, wenn anhand von
moeglichst genau definierten Materialsammlungen ("Quellen") ein historisches
Objekt der Analyse konstruiert wird und werden muss. Denn im Gegensatz zu
der
mehr als gelaeufigen Annahme, wissenschaftliche - mithin auch historische -
Objekte seien natuerlich oder empirisch vorgegeben, zeigen gerade die
Geschichte(n) von Physik, Chemie und Mathematik in den Arbeiten Bachelards
oder jene von Naturgeschichte, Biologie und Genetik in jenen Canguilhems,
dass
die Gegenstaende einer Analyse nicht in einer praediskursiven Ordnung der
natuerlichen Dinge stehen, welche mittels einer Abbildtheorie erfahren
werden
koennte. Vielmehr sind es die spezifischen Strukturen der Kategorien,
Begriffe
oder Deduktionen, welche zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte -
und
daher in einem begrenzbaren Zeitraum - die moeglichen Erfahrungen und mithin
auch die moeglichen Objektkonstitutionen unterschiedlicher
wissenschaftlicher
Disziplinen codieren, wodurch letztere auch aktualiter in einem relationalen
Verhaeltnis zueinander stehen. Dass dies gerade wegen der spezifischen
Labilitaet des historischen Wissens in besonderem Masse auf die
Geschichtswissenschaft zutrifft, ergibt sich nicht zuletzt durch die Analyse
der Geschichte(n) von Psychologie, Soziologie und Anthropologie[3], welche
ja
bekanntermassen Grund- und Begruendungsdisziplinen der "modernen"
Geschichtswissenschaft darstellen: Fusionsbegriffe wie
Mentalitaetsgeschichte,
Historische Sozialwissenschaft oder Historische Anthropologie fuehren diesen
Umstand eindringlich vor Augen.
Die genannten Konstellationen legen einer jeweiligen Disziplin bestimmte
Formationsregeln auf, die aktualiter eine grosse Zahl an Aussagen
ermoeglichen, in einer definierten Textauswahl einer vergangenen
Wissenschaft
aber methodisch begrenzt werden koennen. Und so wird dem virtuellen
Archiv[4]
der aktuellen Geschichtswissenschaft in diesem Band indirekt nachgegangen,
wenn die Archive des Policey-, Staats- und Verwaltungswissens (Neurath), die
Archive von Soziologie und Quantifizierung (Katzmair), die Archive der
Volkswirtschaft (Rauchenschwandtner) oder die Archive der Theologie (Hoerl)
anvisiert werden. Nicht nur zwischen den Zeilen blitzt der historische
Diskurs
im Rahmen dieser historischen Analysen in Relation zu politischer
Autoritaet,
soziotechnischer Involvierung, dogmatischer Begruendung und missionarischer
Funktion auf. Wolfgang Neurath legt dahingehend in Rekurs auf Michel de
Certeau nahe, dass der Historiker eine Fiktionalisierung der Politik
unternimmt, indem er die Stelle der Autoritaet nur nachspielen kann und so
seinerseits zum Konstrukteur eben dieser Macht wird, die er nicht hat.
Harald
Katzmair hebt anhand der Soziologie des 19. Jahrhunderts die spezifische
Funktion von Geschichte im Hinblick auf politische und moralische
Involvierungen der Quantifizierung hinsichtlich der Unterscheidung zwischen
dem Normalen und dem Pathologischen hervor. Hermann Rauchenschwandtner
verweist darauf, dass Geschichte als behauptete Gemeinsamkeit eines Volkes
am
Beginn des 19. Jahrhunderts eine Moeglichkeitsbedingung der oekonomischen
Konstitutionen politischer Subjekte abgibt. Eric Hoerl markiert die Funktion
der Religionsgeschichte rund um 1900, welche im permanenten Umgehen der
Ordnung des Alphabets mit der diskursiven Produktion einer primitiven
Mentalitaet verbunden ist.
Diese Historisierungen von Technologie, Soziologie, Oekonomie und Theologie
folgen dabei in ihren Beschreibungen mit unterschiedlicher Intensitaet jenen
Wegen, welche Forscher wie Michel Foucault[5] oder Jean Pierre Faye[6] mit
dem
Plan zur Erstellung einer allgemeinen Theorie und Analytik von
Aussageformationen, Sprachoekonomien und Performanzregeln einschlugen. Unter
dem Titel Diskursanalyse gehoert eine derartige Vorgehensweise in den
Debatten
zur Geschichte von Philosophie und Literatur heute zum methodischen
Standardrepertoire moeglicher Verfahren. Im Rahmen der
Geschichtswissenschaft
wurde diese Methode und ihr Forschungsbereich indes nur unzureichend
diskutiert und oftmals durch den negativen und polemischen Verweis auf den
Postmodernismus oder auf den - ungenau bestimmten - "linguistic turn"
abqualifiziert. Dass indes gerade diese am Strukturalismus geschulte Form
der
Diskursanalyse - darin der Historischen Epistemologie folgend -
nachdruecklichst als eine historische Methode und Deskriptionsform
ausformuliert und bestaendig an historischen Fragestellungen und Materialien
ueberprueft wurde, ging dabei schlicht unter. Dem versucht dieser Band
beruhigt
entgegenzutreten, indem anhand konkreter Bereiche der historischen Forschung
gezeigt wird, dass die Methode der Diskursanalyse in mehrfachem Wortsinn als
historisierendes Verfahren zu begreifen ist, das man als eine Kritische
Geschichte der Rationalitaets- und Wissenssysteme bezeichnen kann. Eine
allgemeine erkenntniskritische Geschichte, die der kommenden Historiographie
die Ueberwindung der Gegensaetze von "Wort und Sache, von Geist und Leben,
von
Bewusstsein und Sein, von Sprache und Welt"[7] auferlegt.
Die symbolischen Formen der diskursiven Oekonomien durch- und zerschneiden
dabei transversal die genannten Oppositionen, um auch noch im methodischen
Gegensatz von Begriffsgeschichte (Wort, Geist, Bewusstsein, Sprache) und
Sozialgeschichte (Sache, Leben, Sein, Welt) ein unkritisches Pendeln
zwischen
Idealismus und Materialismus zu vermerken, das - trotz der oft wiederholten
Ablehnung der Koenigsdisziplin Philosophie im Rahmen
geschichtswissenschaftlicher Debatten - von der metaphysischen
Spiegelfechterei mancher Philosophenphilosophien (Bachelard) kaum zu
unterscheiden ist. Dass die Begriffsgeschichte innerhalb dieser Debatten
gegenueber der Sozialgeschichte oft als subsidiaer begriffen wurde, waere im
Rahmen einer eingehenden historischen Analyse zu beschreiben.
Im Gegensatz dazu zeigen die hier versammelten Artikel gerade durch die
moeglichst praezise und textnahe Erfassung ihrer Materialien, wie diskursive
Strategien - die nicht nur begrifflich sind - zu bestimmten Zeitpunkten in
der
Geschichte klassifikatorische Ordnungen durchziehen und so durch
terminologische Differenzierungen das "Soziale" herstellen und produzieren.
So
differenzieren die polizeylichen Technologien der Glueckseligkeit
liederliche
soziale Charaktere und schaffen eine symbolische Topologie und Skalierung in
der vom Sabbatschaender ueber den Muessiggaenger bis hin zu den
Melancholikern eine
in sich unterschiedene Bevoelkerung im 18. Jahrhundert allererst auftauchen
kann. (Neurath) In den Apodemiken des 16. Jahrhunderts - die einer gaenzlich
anderen Wissensordnung folgen - sind es neben den zu notierenden
Professionen
auch Fragen zu Erd-, Landes- und Ortsbeschreibung, zum Gemeinwesen, zur
Religion und zur Geschichte, welche den Erfahrungsraum der Reisenden
abstecken
und so auf dem Weg in die Fremde das Andere konstituieren. (Katzmair) Aber
auch im 19. Jahrhundert werden unterschiedlichste Redeweisen nur den
fragwuerdigen Versuch starten koennen, dem "Volk" eine Homogenitaet zu
verleihen.
Als Raetsel des - nicht nur - politischen Wissens entzieht sich das "Volk"
sowohl den idealistischen als auch den materialistischen Zugriffen
unterschiedlichster Diskurse und wird nur in der Distanz zu seiner An-
respektive Abwesenheit problematisierbar. (Rauchenschwandtner)
Daher und darueberhinaus ist auch auf den zutiefst antihistoristischen
Aspekt
und Effekt der hier vorliegenden Artikel zu verweisen, deren Schriftzuege
vom
Modus der Aktualitaet getragen werden, der ihnen ihre spezifische Rekkurenz
verleiht: Die "Regierung" im Zeitalter der Vernunft zu untersuchen, steht in
direktem Verhaeltnis zur Fetischisierung technologischer Leistungsfaehigkeit
im
gegenwaertigen "Kulturaustausch". (Neurath) Den Soziotechniken von
Quantifizierung und Soziologie im Rahmen der Neuzeit nachzugehen schaerft
den
Blick fuer fragwuerdige Soziologien der Gegenwart, welche die Frage nach
ihren
epistemologischen und historischen Moeglichkeitsbedingungen nicht
thematisieren
und damit umgehen. (Katzmair) Nach den Konstitutionen des "Volkes" zu
fragen,
steht dabei je schon in der Spannung von Praesentation und Repraesentation
eines
kollektiven Handlungssubjekts und verweist somit mehrfach auf aktuelle
Konstellationen des Politischen. (Rauchenschwandtner)
Historisch-epistemologisch und diskursanalytisch zu verfahren, verbindet
mithin historische Analyse mit einem gegenwaertigen Ausgangs- und Endpunkt.
Es
entreisst die genannten "Objekte" jeder ontologischen oder historistischen
Begruendungsfunktion, indem sie als wissenschaftliche - d.h. nicht
natuerliche -
Gegenstaende in zeitraeumlichen Verschiebungen und Transformationen
auftauchen,
die anhand von positiven - wenngleich konstruierten - Textserien erlaeutert
werden koennen. Damit werden homogene Rationalitaetsansprueche und jedwede
Ontologie aktualiter historisiert und erkenntniskritisch der
Alltagserfahrung
entrissen. Das Motiv einer Geschichte der Ontologie und der Seinsansprueche
durchzieht auch das Interview mit Friedrich A. Kittler, das die Rolle
diskursanalytischer Methode in verschiedenen Bereichen der
Wissenschaftsgeschichte und insbesondere in jenem der Mediengeschichte
thematisiert und dabei fuer die noch ausstehenden, wenngleich vielfaeltigen
Anwendungsmoeglichkeiten dieses Verfahrens im Rahmen der
Geschichtswissenschaft
steht.
Wenn mithin die Artikel dieses Bandes an verschiedenen Stellen nahelegen,
dass
die jeweils diskutierten Wissensformen gerade dann, wenn ihre
epistemologische
Fragwuerdigkeit aufweisbar wird, den Charakter praktischer oder
soziotechnischer Interventionen haben, so kann damit auch darauf verwiesen
werden, inwiefern Diskussion und Anerkennung der hier vorgeschlagenen
Methoden
im Umkreis der Involvierung der Historiker in den Nationalsozialismus aber
auch in den rezenten Diskussionen zu den Ereignissen rund um 1968 eine
neuartige Perspektive eroeffnen koennten, in der die Kritik nicht - wie
geschehen - erneut auf jene kategorialen Systeme und politisch-moralischen
Argumente zurueckgreifen muesste, die ja gerade in Frage stehen. (Koe) Dies
wuerde
allerdings voraussetzen, dass nach ueber dreissig Jahren
sozialgeschichtlicher
Diskurspoduktion, die sich nur allzugern entlang der Grund-, Gruendungs- und
Begruendungsbegriffe "Produktion", "Materialitaet", "soziale Wirklichkeit"
und
"Oralitaet" mit Gesellschafts- und Ideologiekritik verband, eine historische
Erkenntniskritik eben dieser historischen Grundbegriffe angegangen wird, die
in den fortgeschrittensten Bereichen der Geschichtswissenschaft eine
epistemologische und diskursanalytische Neuorientierung ausloesen koennte,
die
aller Voraussicht nach um einiges historischer und um einiges kritischer
waere,
als die traditionellen Methoden, Begriffe und Ideologiekritiken der
Sozialgeschichte. Denn diese Gegenstandsbereiche, welche auch im Umkreis des
Historic Turn[8] angepeilt werden, wuerden die Geschichte(n) des "Sozialen"
umfassen, und koennten auch durch das Historisieren von Sozialgeschichte,
Soziologie und Quantifizierung im Umkreis historischer Institute die eigenen
Objektkonstruktionen samt den konstitutiven Kategoriensystemen in ihrer
Geschichte in den Blick bringen, um danach die reflektierte Konstruktion von
Objekten allererst zu ermoeglichen. Dies koennte auch einen
transdisziplinaeren
Austauschrahmen etablieren, der den historischen Wissenschaften im
Allgemeinen
zu Gute kaeme. Dass die historiographische und intellektuelle Moeglichkeit
einer
solchen Transformation der Geschichtswissenschaft gegenwaertig bereits
besteht,
davon zeugt auch der faecheruebergreifende Charakter aller Beitraege dieses
Bandes.
Alessandro Barberi, Wien
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[1] Vgl. Gaston Bachelard, Die Bildung des wissenschaftlichen Geistes.
Beitrag zu einer Psychoanalyse der Erkenntnis, Frankfurt am Main 1987.
[2] Vgl. Georges Canguilhem, Wissenschaftsgeschichte und Epistemologie.
Gesammelte Aufsaetze, Frankfurt am Main 1979. Zur weiteren
Auseinandersetzung
mit den hier vorgestellten Methoden vgl. Joseph Vogl, Einleitung, in: ders.,
Hg., Poetologien des Wissens um 1800, Muenchen 1999, 7-16, und: Alessandro
Barberi, Clio verwunde(r)t. Hayden White, Carlo Ginzburg und das
Sprachproblem
in der Geschichte, Wien 2000, 42-69.
[3] Vgl. Michel Foucault, Die Ordnung der Dinge, Frankfurt am Main 1994
[4] Vgl. Jacques Derrida, Dem Archiv verschrieben, Berlin 1997.
[5] Vgl. Michel Foucault, Archaeologie des Wissens, Frankfurt am Main 1990,
und: ders., Die Ordnung des Diskurses, Frankfurt am Main 1991.
[6] Vgl. Jean Pierre Faye, Totalitaere Sprachen. Kritik der narrativen
Vernunft. Kritik der narrativen Oekonomie, Zwei Baende, Frankfurt am Main,
Berlin u. Wien 1977.
[7] Reinhard Koselleck, Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte, in: ders.,
Hg., Historische Semantik und Begriffsgeschichte, Stuttgart 1978, 19-36,
hier:
19.
[8] Vgl. Terrence J. McDonald, Hg., The Historic Turn in the Human Sciences,
Michigan 1996.
Abstracts
Wolfgang Neurath, Governmentality and Police. Technologies of
Commonwealth in the Age of Reason.
The models of political analysis can be divided into two registers: On the
one
hand we find the search for the political conditions and the possibility of
a
general order in society (social synthesis); on the other hand there are
questions such as, how is it possible to govern a population?
(gouvernementalitÊ). This article introduces the policy and politics of "the
police" (German: Policey) in the age of reason and hence treats the
discursive
forms of government in the 18th century.
This art of governing consists in the sum of all processes that should
result in the improvement in the state of "society" as a whole. These
processes concern themselves with a reasonable distribution of "social"
places and a considered organization of "social" forces. These technologies
emerge in the 17th century and find their benefit and legitimacy in the
commonwealth of the community and the well-being of every person.
This theory of commonwealth (eudaimonia) is, so to speak, the specific form
of
rationality and the internal reason of all sciences that concern the Policey
in the age of enlightenment. Each governing person must employ the
knowledge,
procedures and techniques of the Policey in a very characteristic way. To
develop their abilities to the highest degree, the "people and things"
governed must be constituted and described in their specific qualities.
The works of Johann Beckmann (1739-1811) pose the question of the
organization of craft and trade (German: Handwerkskunst. English: The Art of
Craft and Trade) and constitute a Tableau of Technologies, which takes its
place in the framework of all sciences that are related to the state and the
government. This Tableau appears significantly as a History of Art (German:
Kunstgeschichte). Thus the article emphasizes how the discourse of
governmentality ties together the Tableau of Technology and the industrial
education of people.
Harald Katzmair, Orders of Counting. The Quantiative Construction of Society
(1550-1870)
As a contribution to the History of Social Sciences, this paper examines
epistemological and logical discourses, concepts, methods and statements of
quantitative accounting, measurement and construction of social units
between
1550 and 1870. Referring to Ernst Cassirers Philosophy of Symbolic Forms and
Michel Foucault's The Order of Things the discursive strategies of
continental
travel questionnaires (Apodemiken) will be outlined in the methodological
framework of Historical Epistemology as a concrete Historical Analysis of
Science Disciplines beginning in Renaissance Europe. It will be shown that
in
the late 16th century the relational logic of similarity was the genuine and
dominant discourse of making "things" and social units constructable,
measurable and accountable.
The second part of the paper analyzes the epistemological system of
political arithmetic (Politische Arithmetik). The historical differences,
shifts and transformations between this "Social Science" - appearing first
in
17th century England (classical episteme) - and the Tabula Peregrinationes -
appearing on the continent in the 16th century (renaissance episteme) - will
be shown. The main argument is that the classical logic of making
equivalence
classes leads to the very concept of social classes and subjects and
therefore
to the historical origin of modern quantitative sociology.
In the third part of the article the model of statistical deviation -
centered in the interpretation of Gauss' bell-shaped curve by Quetelet - and
its epistemological consequences for the social sciences in the 19th century
are pointed out.
Hermann Rauchenschwandtner, The Constitution of Political Subjects in the
19th
Century
"The people" (Volk) and its constitutions actually seem more than
questionable: on the one hand nothing is more dubious than the historical
conditions and possibilities of this political subject, which pretends its
being in so many places; on the other hand "the people" is invented,
constructed, fictionalized, homogenized, imagined and moreover, a supposed
substance of "the people" is implored or rejected by attributions. Thus it
is
this object -"the people" and its creation (production) - which requires an
exposition. This article deals with the political subject of "the people" in
the specific forms and structures of its appearance and analyzes its
historical and epistemological genealogy in the 19th century.
Conceptions of natural law tried to show that "the people" is still in the
state of nature (SieyËs). But they also evoked "the people" as a population
and hence as a technological and administrative object. Following this the
transformations of those discourses that aim at a possible unity of "the
people" have to be introduced. For the main question is: Which part of "the
people" presents itself and which part is represented? Thus the constitution
and structure of political subjects will be stressed in relation to creation
(production) and representation, by examining the most important discursive
strategies in the archive of the 19th century.
Editorial in english
It is not only a problem of the supposed and dogmatically defended
institutional borders of scientific disciplines, that methods, terminologies
and research strategies, which showed their compelling nature and
intellectual plausibility in other scientific regions, are neglected by
related fields of research. It is also a resultant of the fact, that
confusion and fallacy are constitutive elements of any and every scientific
knowledge. Regarding the history of natural sciences and using a
psychoanalytic description of scientific objectivation, Gaston Bachelard
described this circumstance as an >epistemological obstacle<. He pointed
out, that new forms of knowledge are not the result of continuity and
progress in an intersubjective control of a scientific community. They are
always established and constituted against an institutionalised tradition
of discourses, which cannot be reduced to the communicative activity of
individuals or collectives. As a methodological procedure of rationality,
knowledge and concept, Bachelards Historical Epistemology is the direct
opposite of a historical argumentation, which relies on experience, meaning
and subjectivity. An argumentation like this produces an imaginary totality
and homogeneity of the specific dispersion and historicity of the multiple
systems and forms of knowledge in history. Therefore one should remember ^Ö
like Georges Canguilhem mentioned often ^Ö that the past of an actual
scientific discipline is not the same scientific discipline in its actual
past.
Regarding the historical disciplines, it is remarkable, that the method and
the results of Historical Epistemology, which ^Ö as the name shows^×emphasise
the fundamental role of history, had only been discussed in the field of the
history of sciences, although one cannot deny its applicability in other
fields of research. If we look at the formula > historical condition of
possibility<, which had been used by the school of the Annales, but had been
defined by Bachelards and Canguilhems Historical Epistemology, one can see,
why actual historiography is directly connected to the crossing of history
and the critique of knowledge. Especially if one remembers, that a
historical object is and has to be constructed in relation to a marked set
of texts, the so-called ^Ósources^Ô. In opposite to the common supposition,
that scientific ^Ö and that also means historical ^Ö objects are naturally or
empirically given, the histories of physics, chemistry and mathematics in
the work of Bachelard, or the histories of natural history, biology or
genetics in the work of Canguilhem show, that one cannot find the object of
an analysis in an prediscursive and representative order of things. It is
rather the specific structure of categories, concepts and deductions at a
marked point of time, which constitutes the specific experience of objects
in the history of different disciplines. If one analyses the histories of
psychology, sociology and anthropology in that way, terms and methods like
>history of mentality<, >Social History< or >historical anthropology<, as
they are used by historians - appear in another perspective, which gives a
touch of uncertainty to history as a >science<.
The abovementioned constellations are related to the circumstance, that
scientific disciplines are ruled by discursive or performative rules, which
actually cannot be formalized. But if one defines a set of texts in a
science of the past as an >archive< it is possible to explain the rules and
relations of scientific disciplines. Therefore the articles of the journal I
am presenting today are related to this term of the archive. Wolfgang
Neurath analysed the archive of governmentality, technology and police in
the Age of Reason. Harald Katzmair worked in the archive of sociology and
mathematics from the 16th to the 19th century. Hermann Rauchenschwandtner
sketched the archive of political economy in the 19th century and Eric Hoerl
showed the archive of theology around 1900. But all this articles ^Ö and
that is a very important point ^Ö include the analysis of historical
discourse as a part of that, what has to be described. This >historical
analysis of historical discourse< shows ^Ö in the opposite to traditional
historiography ^Ö that historiography is always connected to political
authority, pragmatic involvement, dogmatic foundation and missionary
function. Referring to Michel de Certeau, Wolfgang Neurath shows, that the
historian fictionalises politics, because he can only simulate the position
of power, which he will never reach himself. Harald Katzmair shows that some
forms of >quantitative social history< produced the distinction of >normal<
and >pathological<. Hermann Rauchenschwandtner describes, that their would
be no political subject ^Ö like the people or a nation ^Ö without the uprising
of history at the beginning of the 19th century and Eric Hoerl points out,
that the history of religion had been involved in the production of a
>mentality of the primitive<.
To historicize technology, sociology, economy and theology in that way, is
directly connected to analytic perspectives first designed by researchers
like Roland Barthes, Jean Pierre Faye and Michel Foucault. They worked out
the plan, to build up a general theory of the formations and rules of
statements and the economy of language. A method like this ^Ö called
Discourse Analysis ^Ö is a very well known theoretical and practical part in
the history of philosophy and literature. In history itself Discourse
Analysis had been discussed only insufficiently and had been disqualified by
the stigmata of so-called >Postmodernism< and so-called >linguistic turn<.
All this debates did not reflect and recognize, that this form of Discourse
Analysis, which is directly connected to the abovementioned form of
Historical Epistemology, always had been conceptualised as a historical
method and had been proved in relation to historical materials. The journal
I am presenting today, tries to overcome this aporias, by emphasizing, that
Discourse Analysis is a strategy of permanent historicizing, which could be
called a >Critical History of the Systems of Rationality and the Structures
of Knowledge<. An epistemological History which could overcome the
oppositions of >words and things<, of >spirit and life<, of >consciousness
and being<, of >language and world<. The symbolic forms of discursive
economies go through this oppositions and open a new way beyond the history
of ideas and social history.
Therefore the articles of the journal try to show, how discursive strategies
cross the orders of classification at specific points in time and how they
produce >society<, or any other homogenized subject. Wolfgang Neurath shows,
how the technologies of commonwealth in the Age of Reason produce a symbolic
topology and scale, which constitutes for example the >class< of
melancholics and than the >population< in general. Harald Katzmair shows in
his article, that the travel questionnaires of 16th century produce the
>Other< by the specific structure of the questions and their analogical
ranging. Hermann Rauchenschwandtner emphasizes that >the people< in 19th
century are not some kind of empirical entity, which gives history its
foundation. >The people< mark a problem and a riddle of different kinds of
knowledge, and hence are produced by them.
The articles are also characterized by a deep antihistoricism, because they
are written in the mode of actuality, which gives them their recurrent
style, which also means, that they are written, to be rewritten. Hence the
analysis of governmentality in the Age of Reason is connected to the present
problems of exchange between >developed< and >developing< countries.
Analysing the orders of counting for example in 18th century, shows the
dubiousness of actual sociologies, which are not interested in their own
conditions of possibilities. Questioning the constitutions of the >people<
in 19th century is directly connected with the presentation and
representation of actual political subjects.
To work with Historical Epistemology and Discourse Analysis connects
historical research with an actual starting- and endingpoint. It snatches
the abovementioned objects from everydays experience and from any
ontological or historistic foundation and analyses them as scientific ^Ö and
that means not natural ^Ö objects in their historical transformations. Hence
unified rationality and dogmatic ontology are historicized, as Friedrich A.
Kittler emphasizes in an interview, that you find in the journal. Among
other points, he explains the role of Discourse Analysis in relation to the
history of sciences and the history of media
All this aspects, which are also discussed in debates about >The historic
turn<, could lead to a general perspective of history, which overcomes those
forms of historiography, which find their epistemologically unreflected
foundations in concepts like >production<, >materiality<, >social reality<
or >orality<, as we find in most social histories. Contrary to this, the
journal shows the possibility of a historical and epistemological critique
of this foundationalist concepts, which could open the way to a reflexive
transformation of history. That means, that Historical Epistemology and
Discourse Analysis could sharpen the awareness of the constitutive systems
of categories in history and the related constructions of scientific
objects. In its transdisciplinary character, this journal represents the
historiographical and intellectual possibility of this transformation